Etwas geht mir unter die Haut und macht mich verrückt: ein Sarcoptes scabiei - Fall

von Jean - Thierry Cambonie

 

Fall:

In diesem Fall ist das non-verbale Element, das durch die Körperbewegungen ausgedrückt wird, sehr wichtig. Der Text dient hauptsächlich dazu, die Bewegungen die uns zu dem Mittel führen, zu ergänzen.

Patientin (P): „Ich komme wegen zwei Problemen. Ich habe immer Schmerzen in den Beinen, es sind die Muskeln. Mein Arzt meint, es sei Fibromyalgie. Nachts ist es schlimmer. Ich habe unruhige Beine - ich kann einfach nicht aufhören, sie hin und her zu bewegen, und dass stört meinen Schlaf. Außerdem habe ich Probleme mit den Wechseljahren.”

JTC: „Sagen Sie mir etwas über die Wechseljahresbeschwerden."

P: „Ich habe von Zeit zu Zeit Hitzewallungen und Nachtschweiß - es ist nicht regelmäßig. Außerdem habe ich Schmerzen im Unterbauch und im Rücken. Mein Osteopath kann nichts finden, und mein Frauenarzt sagt, es sei hormonell bedingt. Manchmal kann ich nicht sitzen bleiben. Ich habe auch Schmerzen in der ganzen rechten Kopfhälfte.“

JTC: „Was stört Sie am meisten?"

P: „Meine Beine. Das ist ein altes Symptom. Tagsüber schmerzen meine Oberschenkel, und manchmal tun auch meine Füße weh. Sobald ich nachts nur etwa zehn Minuten lang im Bett liege, beginne ich mich hin und her zu wälzen. Ich bewege mich so (sie bewegt sich lebhaft, es ist wie ein Tanz, zuerst bewegt sie den Rücken, dann die Schultern, und schließlich die Beine). Ich glaube, es sind die Nerven an den Beinen und in meinem Körper, die mich stundenlang wach halten. Die Unruhe weckt mich nachts, sodass ich aufstehen muss. Ich nehme eine Dusche, und dann muss ich mich bewegen. Ich bewege meine Beine, aber nachts kann ich das nicht ausstehen. Morgens, wenn ich aufstehe, bin ich überhaupt nicht ausgeschlafen. Es passiert auch tagsüber, als ob ich einen Tic hätte.“


JTC: „Sie machen diese Geste (wie ein Krebs mit seinen Scheren), und sagen: „Es geht mir auf die Nerven.“ Könnten Sie das ein bisschen genauer erklären?"

P: „Es ist als wäre da etwas, das mich packen will. Es ist nicht in mir, ich werde von etwas ereilt. Ich weiß nicht, was es ist. Es beginnt im Rücken und dann... Ich spüre es in meinen Beinen und Armen. Im Bett ist es unerträglich. Ich habe das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein und es ist so schrecklich, dass ich fürchte ich könnte etwas Dummes tun, wenn es passiert. Es ist so stark, ich kann diese Kraft nicht erklären. Ich schlage mit dem Kopf gegen die Wand. Ich will, dass es aufhört, dass es mich in Ruhe lässt. Es erschöpft mich körperlich, und mental ist es unerträglich. Manchmal denke ich, dass etwas in meinem Kopf nicht stimmt, es muss etwas falsch sein in meinem Gehirn, etwas, das nicht richtig funktioniert. Mein Arzt hat mir Antidepressiva gegeben, aber sie haben nicht geholfen, darum habe ich sie nicht mehr genommen. Er sagt, ich solle die Dosis erhöhen, aber das will ich nicht.“

JTC: „Sie sagen: „Das bin nicht ich!“ - Erzählen Sie mir etwas mehr darüber!"

P: „Ich kann meinen Körper nicht beherrschen; nicht ich bin es, der das tut, aber ich weiß nicht, was es ist. Ich weiß nicht, wo es her kommt. Wenn ich ich selbst sein könnte, könnte ich das meistern, aber ich kann es nicht. Es überwältigt mich.

JTC: „Es überwältigt Sie?"

P: „Nachts kann ich es nicht so gut sehen, weil ich stärker sein will als dieses Ding und tagsüber will ich nicht darüber nachdenken. Tagsüber stört es mich, aber in der Nacht  tue ich alles Mögliche. Ich schlage um mich, drehe und wälze mich herum. Darum sage ich: ‚Das bin nicht ich!‘ Ich habe nicht so ein Temperament, so bin ich normalerweise nicht; es ist etwas, das in der Nacht kommt, aber ich weiß nicht, was es ist.“

JTC: „Wie lange geht das schon?"

P: „Es geht schon lange so, mit Höhen und Tiefen. Seit 1995 / 96 habe ich schlaflose Nächte. Es weckt mich nachts auf. Ich habe meinen Bruder verloren und ich dachte, dass es damit vorbei sei, aber es hielt an. Ich hatte schon vor der Erkrankung meines Bruders Schlafstörungen, aber nur ab und zu, und ich bekam Medikamente dagegen.“

JTC: „Sie hatten also schon vor der Krankheit Ihres Bruders mit diesem Problem zu tun?"

P: „Ja, aber es war nicht so schlimm wie es jetzt ist und nur von Zeit zu Zeit. Wenn es mich überkam als ich noch klein war, pflegte meine Mutter zu sagen: ‚Siehst du? Es ist Mondwechsel! ‘ Als Kind hatte ich Einschlafstörungen. Es gab Zeiten, wo ich sehr unruhig war oder aufwachte. Es schien immer einen Grund zu geben - entweder war Vollmond oder ich hatte Würmer...“

JTC: „Wie haben Sie diesen Zustand erlebt?"

P: „Es ist, als ob ich die Krätze hätte (sie kratzt an ihren Armen). Es beginnt an der Wirbelsäule und geht nach unten. Es ist überall, als ob ich etwas zwischen meiner Haut und dem Fleisch hätte, etwas das da ist, wie ein Außerirdischer. Ich mag solche Filme nicht. Und dann zieht es überall hin, und ich muss mich bewegen (sie zappelt auf dem Stuhl). Es ist, als ob etwas in mich hineinkriechen will. Ich weiß nicht, was es ist, vielleicht Krätzmilben. Es ist etwas das mich zum Kratzen zwingt, es reizt mich. Es ist, als ob etwas sagt: ‚Ich bin hier, ich weiß nicht, warum ich hier bin, aber ich bin hier, um dich zu quälen.‘ Es beginnt am Rücken, dann ergreift es den Kopf und schließlich zieht es durch den ganzen Körper. Ich sage mir: ‚Ich bin nicht ganz normal.‘ Ich muss mich bewegen, etwas kribbelt in mir. Das Schlimmste ist, was in meinem Kopf vor sich geht - es ist unerträglich und ich muss mit dem Kopf an die Wand schlagen. Es ist, als ob etwas meinen Platz einnehmen will, etwas, das mein ‚Ich‘ übernehmen will. Am nächsten Morgen habe ich Verletzungen überall. Es ist entsetzlich, wenn man sich nicht beherrschen kann.“

JTC: „Wie ist das für Sie, wenn Sie sich so fühlen?"

P: „Es ist, als ob jemand versucht, mir zu schaden, aber ich weiß nicht wer. Anfangs dachte ich, es hätte mit meinem Bruder zu tun, und fühlte mich schuldig. Hatte ich etwas versäumt, das ich für ihn hätte tun sollen? Vielleicht wartete er auf etwas? Ich dachte, ich hätte alles getan, was ich konnte, und weil es schon da war, bevor er krank wurde, dachte ich, es müsste mit jemand anderem zu tun haben. Schließlich hörte ich auf so zu denken - es schien nicht der richtige Weg zu sein. Das Problem tritt auf, sobald ich mich entspanne.“

JTC: „Erzählen Sie mir, was dann passiert."

P: „Ich will es Ihnen mit Gesten zeigen: es ist etwas, das mich durchdringt, es ist schwer zu erklären. Es ist wie eine elektrische Spannung und es zwingt mich, mich zu bewegen (fieberhafte Handgesten). Es ist sehr stark, und wenn ich mich so bewege, lässt die Spannung nach (sie macht Bewegungen, als ob sie einen Ball kicken wollte). Es ist, als ob ich etwas löse, wie einen Kanal, der blockiert war. Es dringt nicht auf einmal in mich ein, es braucht seine Zeit, es kommt und geht. Ich glaube, dass mein Körper diesem Ding zu widerstehen versucht, aber es sucht sich immer wieder einen neuen Weg. ‚Wenn du dies tust, tue ich das.‘ Es sucht nach einem Eingang und versucht alles Erdenkliche, wie ein intelligenter Kopf.“

JTC: „Was bedeutet das für Sie? Sie runzeln die Stirn, wenn Sie darüber reden."

P: „Es ist so anstrengend und so schwer zu beschreiben. Ich kann es nicht rauswerfen. Ich beiße die Zähne zusammen, ich schlucke. Wenn es Probleme in der Familie gibt, nehme ich mich zurück, verschließe mich innerlich und beiße die Zähne zusammen. Wenn ich morgens aufwache, tun meine Kiefergelenke weh.“

JTC: „Was für medizinische Probleme hatten Sie früher?"

P: „Zwischen 1984 und 1995 hatte ich Depressionen, die lange Zeit andauerten. Ich hatte meine Grenzen überschritten. Seit einigen Jahren habe ich Fibromyalgie. Mit 12 Jahren sah ich alles ‚schwarz‘, ich hatte eine schwere Depression nach einem Umzug.“

(Sie spricht über ihre Kindheit, und ihre Minderwertigkeitsgefühle. Ihre Mutter war depressiv und litt unter Magersucht. ‚Ich stand meiner Mutter und meinem kleinen Bruder sehr nah.‘)

JTC: „Sie sagen, Sie haben das Gefühl, Sie hätten etwas unter der Haut?"

P: „Es fühlt sich an wie Krätze. Mein Sohn hatte das.“

JTC: „Frieren Sie leicht?"

P: „Mir ist oft kalt. Manchmal werde ich nicht richtig warm, auch wenn es 10 Grad C hat. Ich kann Berge von Kleidung anziehen und friere immer noch. Das einzige, was hilft, ist, eine Wärmflasche im Rücken zu haben. Manchmal fühle ich mich eiskalt an.“

JTC: „Was essen Sie gern?"

P: „Süße Sachen. Aber es gibt eigentlich nichts, was ich nicht mag.“

Verordnung: Psorinum 200 K, gleichzeitig Mittel X im Sinn.

 

Follow-ups

Zweite Beratung, drei Wochen später (gekürzt): Sie zeigt eine allgemeine Besserung. Die Krisen treten nur kurz vor dem Schlafengehen auf und wecken sie nachts auf, aber sie sind weniger stark und dauern nicht mehr so lange.

P: „Ich fühle mich weniger ‚aufgefressen‘ als vorher. Es stört mich noch, aber es geht nicht mehr so tief unter die Haut. Ich muss nicht mehr so viel mit den Beinen zappeln. Ich habe immer noch Tics. Meine Beine brennen, es ist, als ob Nadeln darin wären, wie Feuer in den Beinen - trotzdem sind die Beine kalt; drinnen ist es heiß, und meine Haut ist kalt. Ich habe auch Schmerzen in den Fersen. Ich hinterfrage nicht mehr alles so sehr. Früher habe ich zu mir selbst gesagt: ‚Ich darf mich nicht davon überwältigen lassen!‘ Sonst hätte ich eine Panikattacke bekommen.“

JTC: „Sie sprechen von einem ‚kleinen Ding‘, das in Sie eindringen könnte. Erzählen Sie mir mehr darüber!"

P: „Es ist ein kleines Ding, das versucht, in mich hineinzukommen - es krabbelt. Es dringt ein. Es sieht aus wie ein Krake mit vielen Armen und einem kleinen Kopf, einem Kopf, der herum sucht. Es ist ein schwarzes Ungeziefer mit großen Klauen und es versucht hinein zu kommen. Es ist nicht groß, aber es hat viele Beine (sie macht eine Bewegung um zu zeigen, wie sich die Beine bewegen). Das Schlimmste ist, dass ich ihm helfe, in mich einzudringen, und dass ich ihm nachgebe. Wenn es meinen Kopf erreicht, schlage ich mit dem Kopf an die Wand. Es ist schrecklich, ich habe das Gefühl, dass ich verrückt werde. Ich könnte mich wirklich verletzen. Wenn es mir so geht, schwillt meine Zunge an, sie verdoppelt ihr Volumen und ich habe das Gefühl zu ersticken. Das erste Mal, als es passierte, dachte ich, ich hätte eine Allergie. Es prickelt in meinem Mund. Ich bewege meine Zunge. Es fühlt sich an, als ob mein Kopf explodieren könnte, es macht mir Angst und ich bekomme Panik. Ich habe Angst, etwas Dummes zu tun. Ich bin nicht mehr in der Lage, mich zu beherrschen.“

JTC: „Was wäre das Schlimmste?"

P: „In meinen Träumen bringe ich jemanden um, wenn ich wütend bin.“

JTC: „Was noch?"

P: „Ich habe das Gefühl, in eine andere Welt hinein zu gehen, die ich überhaupt nicht kenne. Ich habe nicht das Gefühl verrückt zu sein, aber ich habe eine Psychokrise am Rande des Wahnsinns. Irgendetwas in mir ist nicht vernetzt. Mein Kopf kocht (sie beschreibt Kreise um den Kopf herum), es ist wie ein Wirbelwind. Manchmal passiert es nachts, wenn ich es nicht einmal bewusst erlebe, und morgens tut mir dann alles weh. Es kommt schnell und geht schnell. Ich weiß nicht, ob ich Ihren kleinen Kügelchen vertrauen soll...“

Dritte Beratung, sechs Wochen später

Die Krisen haben sich wiederholt. Zusammenfassend sind die folgenden Punkte von Bedeutung: jährliche Periodizität, besonders schlimm im Frühling (Februar/März) und im Herbst (Oktober/November). Periodizität im Laufe des Tages: Schlimmer gegen 22:00 Uhr und nachts. Besserung, wenn sie sich hin und her wiegt, durch heißes Duschen, durch Bewegung. Als Kind litt sie unter Wurmbefall (Oxyuren).

Verordnung: Sarcoptes scabiei 200K 



Vierte Beratung, zwei Monate später

JTC: „Wie geht‘s?"

P: „Nicht schlecht. Es gibt Zeiten, da ist es so (sie zieht mit der Hand eine horizontale Linie mit einigen Höhen und Tiefen am Schluss). Es scheint in die richtige Richtung zu gehen. Manchmal wache ich nachts auf, aber es dauert nicht lange und ist nicht mehr unerträglich. Es hindert mich nicht am Schlafen, in dieser Hinsicht bin ich zufrieden. Es ist nicht mehr so stark. Die Krisen sind seltener und dauern nicht mehr so lange, jetzt noch etwa 15 Minuten, während sie früher bis zu drei Stunden dauerten. Es kommt nicht regelmäßig, manchmal habe ich es überhaupt nicht. Zurzeit wache ich zwar auf, aber ich schlafe sofort wieder ein und stehe nicht auf wie früher. Es ist nur sehr kurz. Es findet eine positive Veränderung statt.“

JTC: „Wie erleben Sie diese Veränderung?"

P: „Ich lebe von einem Tag zum andern. Ich sage mir mehr, dass ich etwas Gutes erreichen muss. Ich sage: ‚Heute Abend wird es gut sein. Ich habe etwas gut gemacht, wir werden sehen.‘ Früher habe ich vieles versucht, das zuerst gut zu laufen schien und dann später sehr schlecht ging.“

JTC: „Sie sagen, es geht schnell vorüber, es dauert nur 15 Minuten?"

P: „Ich gehe jetzt meistens früh zu Bett. Abends bin ich müde und kann leicht einschlafen; früher war das nicht der Fall. Ich wache nachts auf. Das ist lästig, aber es dauert nicht lange. Ich massiere mich, kratze mich, zapple und werfe mich im Bett herum, und dann kann ich leicht wieder einschlafen. Es dauert tatsächlich nur eine ziemlich kurze Zeit. Es ist immer noch recht intensiv, dauert aber nicht mehr so lang. Es gibt ein ‚Crescendo‘ - es wird immer schlimmer und früher wurde es dann fast unerträglich, aber jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Es ist ärgerlich, es weckt mich, aber es ist viel weniger intensiv und viel kürzer. Es ist keineswegs so, wie es früher war. Es ist noch immer eine nächtliche Störung, aber am nächsten Tag hat es keinen Einfluss mehr auf mich in dem Sinne, dass ich müde wäre und mir alles weh täte.“

JTC: „Was ist mit den Schmerzen in den Beinen und Muskeln?"

P: „Im Moment ist alles in Ordnung.“

 

Follow-up nach sechs Jahren

Das Gefühl ist immer noch da, aber viel weniger intensiv und weniger häufig und die Patientin will nicht mehr darüber reden. Ich behandle ihren Mann, der mir über die Situation seiner Frau berichtet. Er sagt, dass tiefgreifende Veränderungen stattgefunden haben und dass sie sehr optimistisch ist. Sie schläft viel besser und hat keine Restless-Legs-Probleme mehr, so dass sie wieder ein gemeinsames Schlafzimmer haben. Die Muskelschmerzen sind völlig verschwunden. Das einzige Symptom, das geblieben ist, sind die Hitzewallungen, die mit Sepia erfolgreich behandelt wurden. Sie hat keine Depressionen mehr.

Sarcoptes scabiei  ist als Krätzmilbe bekannt; sie bohrt sich in die Haut von Säugetieren.

 

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Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert

Fotos: Nude, topless woman, scratching her neck. back view. On black background. - ©shutterstock.com - Piotr Marcinski
scabiei, the mite that causes scabies (seven-year itch) - ©shutterstock.com - molekuul.be
Stichwörter: Restless-Legs, Fibromyalgie, zusammengebissene Zähne, unter der Haut, geschlagenes Kind
Mittel: Sarcoptes scabiei

Etwas geht mir unter die Haut und macht mich verrückt: ein Sarcoptes scabiei - Fall

von Jean - Thierry Cambonie

 

Fall:

In diesem Fall ist das non-verbale Element, das durch die Körperbewegungen ausgedrückt wird, sehr wichtig. Der Text dient hauptsächlich dazu, die Bewegungen die uns zu dem Mittel führen, zu ergänzen.

Patientin (P): „Ich komme wegen zwei Problemen. Ich habe immer Schmerzen in den Beinen, es sind die Muskeln. Mein Arzt meint, es sei Fibromyalgie. Nachts ist es schlimmer. Ich habe unruhige Beine - ich kann einfach nicht aufhören, sie hin und her zu bewegen, und dass stört meinen Schlaf. Außerdem habe ich Probleme mit den Wechseljahren.”

JTC: „Sagen Sie mir etwas über die Wechseljahresbeschwerden."

P: „Ich habe von Zeit zu Zeit Hitzewallungen und Nachtschweiß - es ist nicht regelmäßig. Außerdem habe ich Schmerzen im Unterbauch und im Rücken. Mein Osteopath kann nichts finden, und mein Frauenarzt sagt, es sei hormonell bedingt. Manchmal kann ich nicht sitzen bleiben. Ich habe auch Schmerzen in der ganzen rechten Kopfhälfte.“

JTC: „Was stört Sie am meisten?"

P: „Meine Beine. Das ist ein altes Symptom. Tagsüber schmerzen meine Oberschenkel, und manchmal tun auch meine Füße weh. Sobald ich nachts nur etwa zehn Minuten lang im Bett liege, beginne ich mich hin und her zu wälzen. Ich bewege mich so (sie bewegt sich lebhaft, es ist wie ein Tanz, zuerst bewegt sie den Rücken, dann die Schultern, und schließlich die Beine). Ich glaube, es sind die Nerven an den Beinen und in meinem Körper, die mich stundenlang wach halten. Die Unruhe weckt mich nachts, sodass ich aufstehen muss. Ich nehme eine Dusche, und dann muss ich mich bewegen. Ich bewege meine Beine, aber nachts kann ich das nicht ausstehen. Morgens, wenn ich aufstehe, bin ich überhaupt nicht ausgeschlafen. Es passiert auch tagsüber, als ob ich einen Tic hätte.“


JTC: „Sie machen diese Geste (wie ein Krebs mit seinen Scheren), und sagen: „Es geht mir auf die Nerven.“ Könnten Sie das ein bisschen genauer erklären?"

P: „Es ist als wäre da etwas, das mich packen will. Es ist nicht in mir, ich werde von etwas ereilt. Ich weiß nicht, was es ist. Es beginnt im Rücken und dann... Ich spüre es in meinen Beinen und Armen. Im Bett ist es unerträglich. Ich habe das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein und es ist so schrecklich, dass ich fürchte ich könnte etwas Dummes tun, wenn es passiert. Es ist so stark, ich kann diese Kraft nicht erklären. Ich schlage mit dem Kopf gegen die Wand. Ich will, dass es aufhört, dass es mich in Ruhe lässt. Es erschöpft mich körperlich, und mental ist es unerträglich. Manchmal denke ich, dass etwas in meinem Kopf nicht stimmt, es muss etwas falsch sein in meinem Gehirn, etwas, das nicht richtig funktioniert. Mein Arzt hat mir Antidepressiva gegeben, aber sie haben nicht geholfen, darum habe ich sie nicht mehr genommen. Er sagt, ich solle die Dosis erhöhen, aber das will ich nicht.“

JTC: „Sie sagen: „Das bin nicht ich!“ - Erzählen Sie mir etwas mehr darüber!"

P: „Ich kann meinen Körper nicht beherrschen; nicht ich bin es, der das tut, aber ich weiß nicht, was es ist. Ich weiß nicht, wo es her kommt. Wenn ich ich selbst sein könnte, könnte ich das meistern, aber ich kann es nicht. Es überwältigt mich.

JTC: „Es überwältigt Sie?"

P: „Nachts kann ich es nicht so gut sehen, weil ich stärker sein will als dieses Ding und tagsüber will ich nicht darüber nachdenken. Tagsüber stört es mich, aber in der Nacht  tue ich alles Mögliche. Ich schlage um mich, drehe und wälze mich herum. Darum sage ich: ‚Das bin nicht ich!‘ Ich habe nicht so ein Temperament, so bin ich normalerweise nicht; es ist etwas, das in der Nacht kommt, aber ich weiß nicht, was es ist.“

JTC: „Wie lange geht das schon?"

P: „Es geht schon lange so, mit Höhen und Tiefen. Seit 1995 / 96 habe ich schlaflose Nächte. Es weckt mich nachts auf. Ich habe meinen Bruder verloren und ich dachte, dass es damit vorbei sei, aber es hielt an. Ich hatte schon vor der Erkrankung meines Bruders Schlafstörungen, aber nur ab und zu, und ich bekam Medikamente dagegen.“

JTC: „Sie hatten also schon vor der Krankheit Ihres Bruders mit diesem Problem zu tun?"

P: „Ja, aber es war nicht so schlimm wie es jetzt ist und nur von Zeit zu Zeit. Wenn es mich überkam als ich noch klein war, pflegte meine Mutter zu sagen: ‚Siehst du? Es ist Mondwechsel! ‘ Als Kind hatte ich Einschlafstörungen. Es gab Zeiten, wo ich sehr unruhig war oder aufwachte. Es schien immer einen Grund zu geben - entweder war Vollmond oder ich hatte Würmer...“

JTC: „Wie haben Sie diesen Zustand erlebt?"

P: „Es ist, als ob ich die Krätze hätte (sie kratzt an ihren Armen). Es beginnt an der Wirbelsäule und geht nach unten. Es ist überall, als ob ich etwas zwischen meiner Haut und dem Fleisch hätte, etwas das da ist, wie ein Außerirdischer. Ich mag solche Filme nicht. Und dann zieht es überall hin, und ich muss mich bewegen (sie zappelt auf dem Stuhl). Es ist, als ob etwas in mich hineinkriechen will. Ich weiß nicht, was es ist, vielleicht Krätzmilben. Es ist etwas das mich zum Kratzen zwingt, es reizt mich. Es ist, als ob etwas sagt: ‚Ich bin hier, ich weiß nicht, warum ich hier bin, aber ich bin hier, um dich zu quälen.‘ Es beginnt am Rücken, dann ergreift es den Kopf und schließlich zieht es durch den ganzen Körper. Ich sage mir: ‚Ich bin nicht ganz normal.‘ Ich muss mich bewegen, etwas kribbelt in mir. Das Schlimmste ist, was in meinem Kopf vor sich geht - es ist unerträglich und ich muss mit dem Kopf an die Wand schlagen. Es ist, als ob etwas meinen Platz einnehmen will, etwas, das mein ‚Ich‘ übernehmen will. Am nächsten Morgen habe ich Verletzungen überall. Es ist entsetzlich, wenn man sich nicht beherrschen kann.“

JTC: „Wie ist das für Sie, wenn Sie sich so fühlen?"

P: „Es ist, als ob jemand versucht, mir zu schaden, aber ich weiß nicht wer. Anfangs dachte ich, es hätte mit meinem Bruder zu tun, und fühlte mich schuldig. Hatte ich etwas versäumt, das ich für ihn hätte tun sollen? Vielleicht wartete er auf etwas? Ich dachte, ich hätte alles getan, was ich konnte, und weil es schon da war, bevor er krank wurde, dachte ich, es müsste mit jemand anderem zu tun haben. Schließlich hörte ich auf so zu denken - es schien nicht der richtige Weg zu sein. Das Problem tritt auf, sobald ich mich entspanne.“

JTC: „Erzählen Sie mir, was dann passiert."

P: „Ich will es Ihnen mit Gesten zeigen: es ist etwas, das mich durchdringt, es ist schwer zu erklären. Es ist wie eine elektrische Spannung und es zwingt mich, mich zu bewegen (fieberhafte Handgesten). Es ist sehr stark, und wenn ich mich so bewege, lässt die Spannung nach (sie macht Bewegungen, als ob sie einen Ball kicken wollte). Es ist, als ob ich etwas löse, wie einen Kanal, der blockiert war. Es dringt nicht auf einmal in mich ein, es braucht seine Zeit, es kommt und geht. Ich glaube, dass mein Körper diesem Ding zu widerstehen versucht, aber es sucht sich immer wieder einen neuen Weg. ‚Wenn du dies tust, tue ich das.‘ Es sucht nach einem Eingang und versucht alles Erdenkliche, wie ein intelligenter Kopf.“

JTC: „Was bedeutet das für Sie? Sie runzeln die Stirn, wenn Sie darüber reden."

P: „Es ist so anstrengend und so schwer zu beschreiben. Ich kann es nicht rauswerfen. Ich beiße die Zähne zusammen, ich schlucke. Wenn es Probleme in der Familie gibt, nehme ich mich zurück, verschließe mich innerlich und beiße die Zähne zusammen. Wenn ich morgens aufwache, tun meine Kiefergelenke weh.“

JTC: „Was für medizinische Probleme hatten Sie früher?"

P: „Zwischen 1984 und 1995 hatte ich Depressionen, die lange Zeit andauerten. Ich hatte meine Grenzen überschritten. Seit einigen Jahren habe ich Fibromyalgie. Mit 12 Jahren sah ich alles ‚schwarz‘, ich hatte eine schwere Depression nach einem Umzug.“

(Sie spricht über ihre Kindheit, und ihre Minderwertigkeitsgefühle. Ihre Mutter war depressiv und litt unter Magersucht. ‚Ich stand meiner Mutter und meinem kleinen Bruder sehr nah.‘)

JTC: „Sie sagen, Sie haben das Gefühl, Sie hätten etwas unter der Haut?"

P: „Es fühlt sich an wie Krätze. Mein Sohn hatte das.“

JTC: „Frieren Sie leicht?"

P: „Mir ist oft kalt. Manchmal werde ich nicht richtig warm, auch wenn es 10 Grad C hat. Ich kann Berge von Kleidung anziehen und friere immer noch. Das einzige, was hilft, ist, eine Wärmflasche im Rücken zu haben. Manchmal fühle ich mich eiskalt an.“

JTC: „Was essen Sie gern?"

P: „Süße Sachen. Aber es gibt eigentlich nichts, was ich nicht mag.“

Verordnung: Psorinum 200 K, gleichzeitig Mittel X im Sinn.

 

Follow-ups

Zweite Beratung, drei Wochen später (gekürzt): Sie zeigt eine allgemeine Besserung. Die Krisen treten nur kurz vor dem Schlafengehen auf und wecken sie nachts auf, aber sie sind weniger stark und dauern nicht mehr so lange.

P: „Ich fühle mich weniger ‚aufgefressen‘ als vorher. Es stört mich noch, aber es geht nicht mehr so tief unter die Haut. Ich muss nicht mehr so viel mit den Beinen zappeln. Ich habe immer noch Tics. Meine Beine brennen, es ist, als ob Nadeln darin wären, wie Feuer in den Beinen - trotzdem sind die Beine kalt; drinnen ist es heiß, und meine Haut ist kalt. Ich habe auch Schmerzen in den Fersen. Ich hinterfrage nicht mehr alles so sehr. Früher habe ich zu mir selbst gesagt: ‚Ich darf mich nicht davon überwältigen lassen!‘ Sonst hätte ich eine Panikattacke bekommen.“

JTC: „Sie sprechen von einem ‚kleinen Ding‘, das in Sie eindringen könnte. Erzählen Sie mir mehr darüber!"

P: „Es ist ein kleines Ding, das versucht, in mich hineinzukommen - es krabbelt. Es dringt ein. Es sieht aus wie ein Krake mit vielen Armen und einem kleinen Kopf, einem Kopf, der herum sucht. Es ist ein schwarzes Ungeziefer mit großen Klauen und es versucht hinein zu kommen. Es ist nicht groß, aber es hat viele Beine (sie macht eine Bewegung um zu zeigen, wie sich die Beine bewegen). Das Schlimmste ist, dass ich ihm helfe, in mich einzudringen, und dass ich ihm nachgebe. Wenn es meinen Kopf erreicht, schlage ich mit dem Kopf an die Wand. Es ist schrecklich, ich habe das Gefühl, dass ich verrückt werde. Ich könnte mich wirklich verletzen. Wenn es mir so geht, schwillt meine Zunge an, sie verdoppelt ihr Volumen und ich habe das Gefühl zu ersticken. Das erste Mal, als es passierte, dachte ich, ich hätte eine Allergie. Es prickelt in meinem Mund. Ich bewege meine Zunge. Es fühlt sich an, als ob mein Kopf explodieren könnte, es macht mir Angst und ich bekomme Panik. Ich habe Angst, etwas Dummes zu tun. Ich bin nicht mehr in der Lage, mich zu beherrschen.“

JTC: „Was wäre das Schlimmste?"

P: „In meinen Träumen bringe ich jemanden um, wenn ich wütend bin.“

JTC: „Was noch?"

P: „Ich habe das Gefühl, in eine andere Welt hinein zu gehen, die ich überhaupt nicht kenne. Ich habe nicht das Gefühl verrückt zu sein, aber ich habe eine Psychokrise am Rande des Wahnsinns. Irgendetwas in mir ist nicht vernetzt. Mein Kopf kocht (sie beschreibt Kreise um den Kopf herum), es ist wie ein Wirbelwind. Manchmal passiert es nachts, wenn ich es nicht einmal bewusst erlebe, und morgens tut mir dann alles weh. Es kommt schnell und geht schnell. Ich weiß nicht, ob ich Ihren kleinen Kügelchen vertrauen soll...“

Dritte Beratung, sechs Wochen später

Die Krisen haben sich wiederholt. Zusammenfassend sind die folgenden Punkte von Bedeutung: jährliche Periodizität, besonders schlimm im Frühling (Februar/März) und im Herbst (Oktober/November). Periodizität im Laufe des Tages: Schlimmer gegen 22:00 Uhr und nachts. Besserung, wenn sie sich hin und her wiegt, durch heißes Duschen, durch Bewegung. Als Kind litt sie unter Wurmbefall (Oxyuren).

Verordnung: Sarcoptes scabiei 200K 



Vierte Beratung, zwei Monate später

JTC: „Wie geht‘s?"

P: „Nicht schlecht. Es gibt Zeiten, da ist es so (sie zieht mit der Hand eine horizontale Linie mit einigen Höhen und Tiefen am Schluss). Es scheint in die richtige Richtung zu gehen. Manchmal wache ich nachts auf, aber es dauert nicht lange und ist nicht mehr unerträglich. Es hindert mich nicht am Schlafen, in dieser Hinsicht bin ich zufrieden. Es ist nicht mehr so stark. Die Krisen sind seltener und dauern nicht mehr so lange, jetzt noch etwa 15 Minuten, während sie früher bis zu drei Stunden dauerten. Es kommt nicht regelmäßig, manchmal habe ich es überhaupt nicht. Zurzeit wache ich zwar auf, aber ich schlafe sofort wieder ein und stehe nicht auf wie früher. Es ist nur sehr kurz. Es findet eine positive Veränderung statt.“

JTC: „Wie erleben Sie diese Veränderung?"

P: „Ich lebe von einem Tag zum andern. Ich sage mir mehr, dass ich etwas Gutes erreichen muss. Ich sage: ‚Heute Abend wird es gut sein. Ich habe etwas gut gemacht, wir werden sehen.‘ Früher habe ich vieles versucht, das zuerst gut zu laufen schien und dann später sehr schlecht ging.“

JTC: „Sie sagen, es geht schnell vorüber, es dauert nur 15 Minuten?"

P: „Ich gehe jetzt meistens früh zu Bett. Abends bin ich müde und kann leicht einschlafen; früher war das nicht der Fall. Ich wache nachts auf. Das ist lästig, aber es dauert nicht lange. Ich massiere mich, kratze mich, zapple und werfe mich im Bett herum, und dann kann ich leicht wieder einschlafen. Es dauert tatsächlich nur eine ziemlich kurze Zeit. Es ist immer noch recht intensiv, dauert aber nicht mehr so lang. Es gibt ein ‚Crescendo‘ - es wird immer schlimmer und früher wurde es dann fast unerträglich, aber jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Es ist ärgerlich, es weckt mich, aber es ist viel weniger intensiv und viel kürzer. Es ist keineswegs so, wie es früher war. Es ist noch immer eine nächtliche Störung, aber am nächsten Tag hat es keinen Einfluss mehr auf mich in dem Sinne, dass ich müde wäre und mir alles weh täte.“

JTC: „Was ist mit den Schmerzen in den Beinen und Muskeln?"

P: „Im Moment ist alles in Ordnung.“

 

Follow-up nach sechs Jahren

Das Gefühl ist immer noch da, aber viel weniger intensiv und weniger häufig und die Patientin will nicht mehr darüber reden. Ich behandle ihren Mann, der mir über die Situation seiner Frau berichtet. Er sagt, dass tiefgreifende Veränderungen stattgefunden haben und dass sie sehr optimistisch ist. Sie schläft viel besser und hat keine Restless-Legs-Probleme mehr, so dass sie wieder ein gemeinsames Schlafzimmer haben. Die Muskelschmerzen sind völlig verschwunden. Das einzige Symptom, das geblieben ist, sind die Hitzewallungen, die mit Sepia erfolgreich behandelt wurden. Sie hat keine Depressionen mehr.

Sarcoptes scabiei  ist als Krätzmilbe bekannt; sie bohrt sich in die Haut von Säugetieren.

 

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Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert

Fotos: Nude, topless woman, scratching her neck. back view. On black background. - ©shutterstock.com - Piotr Marcinski
scabiei, the mite that causes scabies (seven-year itch) - ©shutterstock.com - molekuul.be
Stichwörter: Restless-Legs, Fibromyalgie, zusammengebissene Zähne, unter der Haut, geschlagenes Kind
Mittel: Sarcoptes scabiei





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